Review | Mastodon – Hushed and Grim

Mastodon kehren mit einem Paukenschlag zurück und veröffentlichen mit dem Doppelalbum „Hushed and Grim“ ein weiteres Highlight ihrer nicht gerade bescheidenen Karriere. Über eine Band, die keine schwachen Alben schreiben kann. 
 
Ich bin der Meinung, dass Künstler ihre beste Kunst in ihren dunkelsten Stunden hervorbringen. Dies scheinen auch die vier Jungs von Mastodon so zu sehen, denn fast all ihre Alben verarbeiten ein persönliches Trauma. Meistens den Tod eines geliebten Menschen. So beschäftigt sich ihr Meisterwerk Crack the Skye mit dem Tod der Schwester des Schlagzeugers Brann Dailor, während The Hunter sich mit dem bei einem Jagdunfall gestorbenen Bruder des Gitarristen Brent Hinds auseinandersetzt.  Auch Hushed and Grim hat einen traurigen thematischen Unterbau, denn die Band musste vor einigen Jahren den Verlust ihres Managers und guten Freunds Nick John verarbeiten. Bereits 2019 haben Mastodon mit Stairway to Nick John ihren Tribut gezollt. 
 
Wie nahe diese Erfahrung den Musikern immer noch geht, sieht man dem Bassisten Troy Sanders in einem Interview deutlich an. Wie wundervoll es klingen kann, wenn man diese Emotionen mit Kunst kanalisiert, hört man auf dem aktuellen Album. 
 

Auf Hushed and Grim hört man Mastodon in ihrer besten Form seit dem letzten Konzeptalbum Crack the Skye

Waren die ersten vier Werke noch Konzeptalben (Remission – Feuer, Leviathan – Wasser, Blood Mountain – Erde, Crack the Skye – Äther), standen die Songs der folgenden Alben jeweils für sich. Dies ist auch auf Hushed and Grim der Fall und doch habe ich wieder das Gefühl einer wahnsinnigen Tiefe und Verbundenheit, dass ich auf Once More ‚Round The Sun oder Emperor Of Sand so nicht hatte. Versteht mich nicht falsch: Mastodon haben keine schwachen Alben. Scheiße, sie haben nicht einmal wirklich schwache Songs. Und doch kommen hier die Teile einfach stimmiger zusammen und ziehen einen auf eine düstere und magische Art in ihren Bann. 
 
Diese Art der Spannung auf ganzen 15 Songs aufrecht zu erhalten, schaffen nur wenige Bands. Gerade in Zeiten von Singles und eines Tourette-artigen Konsums von Musik stelle ich mir die Herausforderungen als besonders groß vor. Und doch schaffen es Mastodon mit Leichtigkeit. Denn die Fülle an Ideen, Stilen, Sounds und Stimmungen offenbaren einen schier unendlichen Vorrat an Kreativität, aus dem die Band mit höchstem handwerklichen Geschick aus den Vollen schöpft und dabei eine Spielfreude in jeder Note ausstrahlt, um die sie selbst junge Bands beneiden können. 
 

 

Apropos Technik: Auch hier zählt das Drumming von Dailor sowie die Soli von Hinds mit zu dem Besten, was die Rockwelt aktuell zu bieten hat. Während der Meister der Ghost-Notes seinem Schlagzeug wieder Unglaubliches entlockt, ist das Feeling von Hinds mal wieder nicht von dieser Welt. Man könnte seinem Gitarrenspiel tagelang zuhören, ohne dessen überdrüssig zu werden. Das soll die anderen beiden Bandmitglieder keineswegs abwerten. Sanders setzt seinen Bass gefühlvoll und klug wie eh und je ein und auch Bill Kelliher leistet fantastische Rhythmus-Arbeit

Einmal alles in geil, bitte

Schwache Songs wird man auf Hushed and Grim nicht finden. Dafür aber eine wahnsinnige Fülle an Abwechslung. Alles, was diese Band genial macht, ist da. Riffs, so massiv wie Gebirgsketten. Frickelige Licks, die sich wie Ameisen ihren Weg über die Haut bahnen. Sphärische Klänge aus einer anderen Welt. Dramatik und Entspannung. 70er Prog-Rock, Metal, Pop, Avantgarde, Sludge, Southern Rock, ja sogar John Gommsche Fingerstyle-Übungen bekommt man zu hören. Und das niemals versnobt, niemals zu kopflastig oder gewollt. 
 
Auch beim Gesang hat sich etwas getan. Zwar teilen sich Troy, Brann und Brent nach wie vor das Mikrofon, doch gefühlt kommt Letzterer öfter zum Einsatz. Auch hat er an seiner Stimme gearbeitet, die hier weniger „quackig“ klingt, als man es aus der Vergangenheit kennt. 
 
All das bei gewohnter State-of-the-Art-Produktion, die die Musik von Mastodon perfekt präsentiert. Ich würde meine Begeisterung gerne zügeln, doch es gibt hier wirklich nichts auszusetzen. Ob das nun das beste Album der Band ist, finde ich völlig irrelevant. Für mich wird Crack the Skye vermutlich für immer unschlagbar bleiben, doch steht Hushed and Grim dermaßen für sich, dass es konstruiert wäre, sie miteinander zu vergleichen. Alleine das Riff im Break von Peace and Tranquility bringt mich jedes Mal komplett zum Ausrasten, was während einer Zugfahrt schon mal für irritierte Blicke sorgen kann. 
 
Mastodon ist eine Band, die bis ins kleinste Detail überzeugt, weil sie sich um jedes Detail Gedanken macht und die kreativen Mittel besitzt, stets das Beste aus ihren Ideen herauszuholen. Es ist eigentlich fast schon lächerlich, wie viele großartige, vielschichtige und anspruchsvolle Songs sie uns bereits geschenkt haben. Ohne Frage – Mastodon ist eine der zurzeit besten Metalbands des Planeten. 


MASTODON SIND

 
Brent Hinds – Gesang, Lead Gitarre
Brann Dailor – Gesang, Schlagzeug
Bill Kelligher – Gitarre
Troy Sanders – Gesang, Bass
Die Band Mastodon, Promoshoot. Man sieht die vier Bandmitglieder als Umrisse vor einem Himmelshintergrund

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